DER EINFLUSS DER MEDITATION AUF MEIN ZEITEMPFINDEN
DAS LEBEN ALS ACHTERBAHNFAHRT
Yoga ist zu verstehen als „Anjochen der menschlichen Sinne und Triebe – wilden Tieren gleich – an den Wagen des Geistes“. Als Oberbegriff fasst Yoga viele Wege, Techniken und Methoden zusammen, die alle als Endziel die Vervollkommnung des Menschen, die Vereinigung des Menschen mit der „göttlichen Energie“ anstreben. Während der Yogalehrer-Weiterbildung steht mehrheitlich der Yogaweg ‚Hatha-Yoga’ im Vordergrund.
Mein primäres Interesse gilt jedoch dem Jñana-Yoga, jenem Weg, der durch die philosophische Erkenntnis die letzte Wahrheit finden will (Erkenntnisweg / Erkenntnis-Yoga). Diese Erkenntnis ist nicht rein intellektuell ausgerichtet, sondern vor allem über die Meditation zugänglich. Entsprechend hat die Meditation in meinem Leben einen zentralen Stellenwert.
Ich habe mich entschieden, den Weg Jñana-Yoga, resp. den Aspekt der Meditation mit dem Bild „des Lebens mit einer Achterbahn“ zu verbinden. In der indischen Kultur werden die philosophischen Vorstellungen sehr oft in Bildern dargestellt, reich ausgeschmückt und verziert. Ich denke hier an das Beispiel des Wagenlenkers in der Katha-Upaniad III, 3-4:
Wisse, dass der Atman der Herr des Wagens ist und der Körper der Wagen, die Einsicht ist der Wagenlenker und das Denken die Zügel. Die Sinne vergleicht man mit den Pferden, die Sinnesobjekte sind ihre Bahn. Den Atman, der mit Sinnen und Denken verbunden ist, nennen die Weisen das Subjekt der Erfahrung.
Ich habe mich entschieden meine Darstellungen und Gedanken ebenfalls in einem Bild darzustellen und zu erläutern. In Analogie zum Bild des Wagenlenkers habe ich ein den heutigen Verhältnissen angepasstes Bild, die Achterbahn gewählt. In meinem Achterbahnwagen sitzend, schildere ich auf der göttlichen Achterbahn meine Erfahrungen bei der Achterbahnfahrt des Lebens. Ich bin überzeugt, dass dieses Bild auf dem Hintergrund der indischen Kultur gerechtfertigt ist. Mit dem Bild der Achterbahn versuche ich zu zeigen, wie Meditation mir auf meinem Lebensweg den Umgang mit der Unsicherheit des Lebens und den Umgang mit der Zeit erleichtert und durch Erkenntnis laufend tiefer gründen lässt.
DIE ACHTERBAHN (GÖTTLICHE SCHWINGUNG, ENERGIE)
Das Leben gleicht einer Achterbahn. Diese Achterbahn ist riesengross, Tausende von Geleisen, Millionen von Achterbahnwagen, sie führt oberirdisch, teils auch unterirdisch, in Tunnels, über Schluchten, Täler, durch wunderschöne Landschaften und Lebensabschnitte. Eigen ist der Achterbahn die zeitlich überraschende Abfolge von Höhepunkten und Tiefschlägen, die völlig unberechenbar eintreffen und dass die Fahrt nur scheinbar, vielleicht kurzfristig, voraussehbar ist. Die Bahn führt teilweise steil bergauf oder auch bergab, in Gegenden ohne ein einziges Licht, wo du ganz alleine bist. Und völlig überraschend dreht die Bahn stark rechts ab (oder war es links?) und kommt wieder ans Licht. Du siehst weiter, weiter wohin? Licht ist da und hilft!
Auf dieser Achterbahn gibt es viele verschiedene Wege, Kreuzungen, Haltestellen, Stationen. Zwei Achterbahnspuren nebeneinander, ganz nah und plötzlich wieder etwas ferner, manchmal auch noch weitere Spuren, Kreisel, Kreuzungen. Welches Geleis gehört mir? Gibt es nur eine Achterbahn oder gibt es vielleicht mehrere? Darf ich michfür eine ruhige Achterbahn bewerben, vielleicht für eine Scooterbahn (flach, rechteckig, übersichtlich, ruhig) ?
Wer stellt auf dieser Achterbahn die Weichen, wer hat hier die Übersicht und wie, wo ist der Zentralcomputer? Wer kontrolliert diese Achterbahn und sorgt für ihre Funktionstüchtigkeit? Womit wird die Achterbahn angetrieben? Seit Jahrhunderten suchen die Menschen die Kraft, mit meinen Worten die göttliche Energie, welche diese Achterbahn antreibt. Keiner hat diese göttliche Energie materiell gefunden und allen Menschen zugänglich gemacht. Wir wissen einzig, dass eine göttliche Kraft und Energie vorhanden ist. Weise Menschen, grosse Persönlichkeiten hatten die Gabe und das Glück in ausgewählten Momenten die Antriebskraft dieser Achterbahn zu „sehen“. Die göttliche Schwingung, welche die Achterbahn kontrolliert, ist es die gleiche Kraft die dafür sorgt, dass ich bei jedem Atemzug neu einatme? Selbst wenn ich mich dagegen wehre, werde ich beatmet. Die göttliche Kraft kontrolliert meinen Atem genau so wie die Achterbahn. Nicht zu sehen und doch zu spüren. Die Achterbahn wird von unsichtbarer Hand angetrieben und kontrolliert.
DER INDIVIDUELLE ACHTERBAHNWAGEN (KÖRPER, SEELE, GEIST)
Ich sitze alleine, wie jeder andere Mensch auch, in meinem Achterbahnwagen. Ich sitze in meinem (du in deinem) Wagen, jeder Wagen hat nur Platz für eine Person, genau für dich. In seinem Achterbahnwagen ist schlussendlich jeder alleine. Dieser Wagen verfügt über diverse Steuerelemente, ein Lenkrad, ein Gaspedal, ein Bremspedal etc. Leider funktionieren diese Steuerelemente nur teilweise, scheinbar oder gar nicht willkürlich oder aber unabhängig von einander und wie es ihnen gefällt. So glaubt jeder, dass er den Weg und die Steuerung absolut im Griff hat (ich lenke, beschleunige und bremse). Es kommt aber vor, dass du die Richtung zwar bestimmst, aber die Bremsen spielen anscheinend doch nicht mit und schon sackt dein Achterbahnwagen (du) mit grosser Geschwindigkeit bergab ins Dunkel. Völlig überraschend und selbständig. Schock für dich und du musst dieses Ereignis wieder verkraften. Bergab, obwohl du die Richtung noch selber bestimmt hast. Warum hab ich das nicht gesehen, voraus gesehen, voraus gespürt, voraus verdammtnochmal!
DER ACHTERBAHNWAGEN MEIN GEFÄHRT (KÖRPER)
Jeder Mensch hat mit seinem individuellen Achterbahnwagen ein eigenes sehr spezifisches Gefährt, seinen Körper. Diesen Achterbahnwagen besitze ich seit 37 Jahren und ich glaube, ich durfte diesen nicht bewusst auswählen, er wurde mir „gegeben“. Mit diesem Wagen fahre ich auf der Achterbahn durch das Leben und er ermöglicht mir den wesentlichsten Anteil an meiner Aussenbeziehung und Sinneswahrnehmung. Der Achterbahnwagen jedes Menschen ist sehr unterschiedlich. Es gibt äusserlich wunderschöne Modelle, welche aber innerlich schadhaft sind. Anderseits gibt es stark ramponierte Achterbahnwagen, welche aber ein wunderbares Innenleben beherbergen. Ich habe gelernt, dass ein Achterbahnwagen (das Gefährt, der Körper) nicht leichtsinnig von aussen beurteilt werden sollte, die Beurteilung über den Achterbahnwagen als Ganzes (Menschen) ist ohnehin persönlich gefärbt und damit subjektiv.
Wieso aber werden beim Start der Achterbahn bezüglich Form, Stabilität, Funktionstüchtigkeit so unterschiedliche Modelle verteilt? Wurde mein spezifischer Achterbahnwagen mir wirklich zugeteilt (gegeben) oder hatte ich vielleicht doch eine mir nicht bewusste Auswahlmöglichkeit? Wie auch immer, warum sitze ich genau in diesem meinem Achterbahnwagen, warum als Mann, wo doch bei uns vor allem Frauen Yoga praktizieren? Ich glaube, dass mein Achterbahnwagen für mich genau richtig ist, weil ich mit diesem Gefährt jene Aufgaben angehen kann, die für meine Persönlichkeitsentwicklung richtig und wichtig sind. Jenen Achterbahnwagen, den ein Mensch bekommt, ist für ihn genau der Richtige und gibt im die Chance die Welt genau aus der für ihn entscheidenden Perspektive zu erleben.
Mein Achterbahnwagen braucht intensive Pflege und hat einen hohen Unterhalt. Eine Tatsache, die ich früher völlig vernachlässigte. Ich bin davon ausgegangen mein Achterbahnwagen kann alles und muss meinem Willen auch vollständig gehorchen, ich kann mit ihm alles machen, was ich für gut und notwendig halte. Anderseits habe ich ihn bezüglich Unterhalt nicht optimal unterhalten (der Strom zum Betrieb war nicht immer grün). Ich habe aber, unter anderem durch Yoga, gelernt, dass ich meinen Achterbahnwagen respektieren und gut unterhalten will. Heute akzeptiere ich, meistens, die Grenzen meines Achterbahnwagens (Körpers) und sorge als Vegetarier auch für einen vernünftigen Unterhalt. Hatha-Yoga unterstützt die Verbesserung und Erhaltung der Funktionalität und Empfindsamkeit des Wagens. Die Fahrt ist komfortabler und spannender.
DAS ARMATURENBRETT DES ACHTERBAHNWAGENS (SEELE, GEIST)
„Ich“ sitze als „Fahrgast“ in meinem Achterbahnwagen und fahre durch das Leben. Die Auseinandersetzung mit meinem Leben löse ich durch Konsultation des Armaturenbretts und dessen Hilfen. Auf dem Armaturenbrett des Achterbahnwagens hat es viele Instrumente, Anzeigen und Leuchten. Es gibt Anzeigen für ganze Religionssysteme, „heilversprechende“ Methoden mit ihren „Gurus“, Verbindungen zu Kursen und sogar eine Direktverbindung zum Internet (mit allen Homepages und Tausenden von Lebenshilfen und Lösungsvorschlägen). Es gibt aber auch einige Anzeigen mit ganz bekannten Bezeichnungen, die ich gut verstehen und auswerten kann (glaube ich wenigstens oder doch nicht?) und die mir bei meiner Fahrt sehr hilfreich und nützlich sind.
Warnlampe: Das Leben ist ungesichert!
Warum leuchtet diese Lampe ständig und vor was warnt sie mich: Achtung ungesichertes Leben! Achtung ungesichertes Leben! Die Lampe leuchtet ständig und sie zeigt, dass jede noch so positive persönliche Meinung und Eindrücke nichts an der Erkenntnis ändern, dass die menschliche Existenz, ja dass sogar das Leben jedes einzelnen Lebewesens nicht gesichert ist, keine einzige Sekunde in diesem Leben ist sicher und gesichert. Die Natur ist geprägt durch den Grundsatz der Veränderlichkeit und Vergänglichkeit. Damit fliesst auch das Leben unaufhörlich und Beständigkeit für Körper, Seele und Geist ist reine Illusion. Die Warnlampe leuchtet ständig und zwingt mich zur Erkenntnis zu nehmen, dass es Gesichertsein oder Sicherheit im Leben nicht gibt! Vergiss nie: Es gibt keine Sicherheit im Leben, du weißt nicht, ob morgen ein neuer Tag oder ein neues Leben beginnt. Falls ein neuer Tag beginnt, weißt du nicht was er dir und du ihm bringst. Das Leben fliesst, ist veränderlich und unsicher, diese Unsicherheit verursacht Leid und quält mich.
Anzeige: Zeit (nicht Geschwindigkeit)
Anzeige Zeit, nicht Geschwindigkeit, leuchtet manchmal, regelmässig, unregelmässig, hat keine Zeiger und kein Zifferblatt. Ich weiss nicht, wann und wieso sie leuchtet. Leuchtet sie nur wenn ich hinschaue? Zeit, der ewige Fluss der Gedanken; Ewigkeit, der ewige Fluss des Lebens. Zeit lässt sich physikalisch genau definieren und bis auf die kleinste Zeiteinheit messen und erklären.
Albert Einstein (1879-1955) hat zu Beginn dieses Jahrhunderts das Weltbild der Physik mit der Formulierung der Relativitätstheorie revolutioniert. Er hat gezeigt, dass bereits bei 2 Raumpunkten, die sich in verschiedenen bewegten Intertialsystemen befinden, eine Relativität der Gleichzeitigkeit besteht. Daraus ergibt sich aber, dass Raum und Zeit voneinander nicht unabhängig sind; sie bilden das Raum- Zeit-Kontinuum. Zur Bestimmung eines Ereignisses muss zu den 3 Räumen noch die Zeitdimension dazu kommen. In diesem Raum-Zeit-Kontinuum gehört zur Vergangenheit alles, von dem wir im Hier und Jetzt wissen können. Zukunft dagegen sind alle Ereignisse, auf die wir prinzipiell noch Einfluss nehmen könnten. Da die Signale mit der endlichen Lichtgeschwindigkeit übertragen werden, bildet ein Lichtkegel um das Hier und Jetzt die Grenze der „zeitartig“ verknüpften Ereignisse. Ausserhalb dieses Kegels liegt die Gegenwart, in der Ereignisse „raumartig“ verknüpft sind (zitiert aus dem dtv-Atlas zur Philosophie).
Zeit ist gewaltsam und brutal, mit ihr lässt sich herrlich vergleichen und damit bewerten und unterscheiden und kategorisieren und auswählen und einteilen und trennen und Unordnung schaffen und etc. Trotzdem ist alles nur relativ! Schön im Leben, dass jeder Mensch die gleiche Zeit hat auch wenn viele keine Zeit und alle zuwenig Zeit haben. Zeit aber ist gerecht, bei jedem fliesst sie gleich schnell oder langsam. Aber halt: Kann die Zeit überhaupt fliessen? Liegt es nicht in der Eigenheit der Zeit, dass sie unvergänglich ist und damit ewig? Kann etwas Ewiges fliessen? Wie kann ich Zeit fassen? Ist es der Moment und die Dauer während der mein Achterbahnwagen in die Tiefe stürzt und im Dunkel seinen Weg sucht? Die Dauer während der ich auf Licht hoffe? Was soll diese Anzeige Zeit? Wann werde ich mir dies er Zeit bewusst? Eigentlich nur, wenn ich mit der aktuellen Situation nicht einverstanden bin und eine andere Situation anstrebe. Ich brauche Zeit um vom Ist zum Soll zu kommen, ich tröste mich mit der Zeit, es braucht Zeit, es braucht Geduld, Zeit als Hoffnungsmittel. Zeit als Differenz zwischen Ist-Situation (heute) und Soll-Situation (morgen oder gestern). Mir nützt Zeit um von der Gegenwart einen oder viele Schritte zurück in die Vergangenheit oder einen oder viele Schritte in die Zukunft zu denken. Mein Bewusstsein für Zeit ermöglicht mir die gedankliche Wanderung in meinen Erinnerungen und in meinen Wünschen und Vorstellungen. Damit wird Zeit zum Denkprozess! Zeit als Bewegung meines Denkens von heute und jetzt nach irgendwohin. Ich muss also nur versuchen nicht zu denken und dann gibt es keine Zeit mehr, dann habe ich alle Zeit der Welt. Ich denke, also bin ich zeitarm; ich denke nicht, also bin ich zeitreich oder ewig. Im Nichtdenken liegt das Ewige! Kann das denn sein? Wie denke ich nicht?
Warnlampe oder Anzeige: Gegenwart
Hilfe, diese Anzeige blinkt wie wahnsinnig und ununterbrochen. Gegenwart, Gegenwart, Gegenwart! Ja jetzt ist Gegenwart, ich kann und muss diese Anzeige sehen. Kann ich sie auch verstehen? Bedeutet dieses ständige Blinken ‚Gefahr‘ oder ist es nur ein zurückhaltender Hinweis? Was auch immer, dieses ständige und ununterbrochene Blinken darf nicht übergangen werden. O.K. ich nehme zur Kenntnis: Jetzt ist Gegenwart. Aber was heisst das? Es heisst, dass ich jetzt, gerade jetzt lebe, dass die Wirklichkeit jetzt gerade jetzt ist. Nur jetzt in der Gegenwart kann ich die Realität, die Wirklichkeit, die Wahrheit, die Schönheit voll erfassen, leben, spüren, leiden, achtsam wahrnehmen. Aber die Gegenwart weiter zu beschreiben, ist so schwer oder vielleicht unmöglich (ich müsste mal Goethe fragen). Ich glaube es ist unmöglich, die Realität der Gegenwart mit allen ihren mystischen fass- und unfassbaren Eindrücken zu beschreiben, die gewählten Wörter und Ideen sind ohnehin zu wenig präzis. Ich bin sicher, Gegenwart kann nicht beschrieben oder geschildert werden (höchsten teilweise in Anerkennung von Goethe, sorry), sie muss und kann nur im Hier und Jetzt gelebt oder eben achtsam wahrgenommen werden. Das Leben fliesst von Gegenwart zu Gegenwart, dazwischen gibt es nichts, absolut nichts, und damit ist das Leben eigentlich ewig (sofern ich nicht denke während dieser Zeit!). Gegenwart, Gegenwart, Gegenwart, Gegenwart, Gegenwart, Gegenwart, Gegenwart, ………
Damit ist die Gegenwart aber nicht (nur) ein „Augenblick“, wie oft gesagt wird, nicht nur ein kleiner Punkt oder eine winzige Sekunde. Das absolut erstaunliche und beeindruckende, für mich eine wahrhaft grandiose Erkenntnis, ist, dass die Gegenwart damit einen Raum einnimmt, eine eigene Existenz, ein Sein aufweist. Dieser Raum der Gegenwart (ihr Sein) liegt im Zentrum der Zeitachse, sozusagen an der Quelle der Zeit oder wie Einstein formulieren würde, ausserhalb des „zeitartig“ verknüpften Lichtkegels um das Hier und Jetzt, wo die Ereignisse „raumartig“ verknüpft sind. Die Gegenwart sprudelt aus der Quelle der Zeit immer aufs Neue und wir dürfen darin baden, während die Zeit in zwei entgegen gesetzte Richtungen, reissend in die Vergangenheit und beeilend in die Zukunft, zerfliesst. Mit diesem ewigen Sprudeln der Gegenwart aus der Quelle der Zeit ist die Gegenwart unvergänglich, „raumartig“ und ewig.
Hilfe, diese Anzeige blinkt wie wahnsinnig und ununterbrochen. Ja eben darum!
Zwei unabhängige Leuchten: Vergangenheit und Zukunft
Endlich zwei Anzeigeleuchten, die ich absolut im Griff habe. Denke ich an die Vergangenheit oder an die Zukunft, leuchtet die entsprechende Leuchte. Super sie gehorchen aufs Wort, respektive noch besser sogar auf den Gedanken. Ein Gedanken an die Zukunft und die Leuchte Zukunft ist erhellt. Allerdings ist diese Kontrolle nur oberflächlich. Zwar leuchtet die Anzeige nur wenn ich an die Vergangenheit oder Zukunft denke (das funktioniert perfekt), aber oh Hilfe, ich habe einfach nicht im Griff, wann ich an die Vergangenheit oder Zukunft denke. Ich werde in die Vergangenheit (Erinnerungen) und in die Zukunft (Erwartungen) gedacht, gedanklich transferiert. Wer oder was denkt mich dorthin und warum?
Die Vergangenheit bin ich, mein ganzes Wissen, mein ganzes Können, meine Vorstellungen, die Gesamtheit meiner Erinnerungen, alles was ich erlebt haben, eigentlich alles was ich bin. Ich bin Vergangenheit. Ich bin Vergangenheit? Ich bin Vergangenheit, Vergangen und Vorbei, Tod! Stehe ich im Leben vor einer Herausforderung, frage ich mich, wie ich diese in der Vergangenheit gelöst habe, ich brauche meine Erinnerungen und fertig ist die Lösung, wenn es gut geht. Zudem hilft mir die Vergangenheit, mich an die erlebten schönen Lebenssituationen zu erinnern und diese wieder zu beleben?! Ich belebe mit meiner Erinnerung ein Erlebnis aus der Vergangenheit wieder? Ist das möglich, ist das Gegenwart, oder aber nur abgelebte aus der Vergangenheit reproduzierte Gegenwart? Kann die Vergangenheit, können die Erinnerungen mir in der Gegenwart wirklich helfen oder stören sie nur meine an und für sich notwendige unteilbare Achtsamkeit?
Warum bin ich nicht auch Zukunft? Oder bin ich Zukunft! Bin ich die Summe aller meiner Erwartungen. Natürlich bin ich alle meine zukünftigen Erwartungen. Allerdings möchte ich nur die guten Erwartungen zur Kenntnis nehmen. Ich hoffe, dass die Zukunft besser wird, dass die Zukunft positive Erwartungen eintreffen lassen wird. Ich hoffe in die Zukunft, ich lebe gedanklich in der positiven Erwartung in der Zukunft, die sowieso unsicher ist und anders eintrifft. Aber ich fühle mich wohl im transferierten Leben in die Zukunft, ich kann meine Erwartungen positiv denken. Aber lebe ich, erlebe ich die Zukunft jetzt? Nein, meine Gedanken leben eine fiktive Erwartung und glauben an deren jetzige Lebbarkeit. Meine Gedanken, nur mein Denken lebt in diesem Raum der Zukunft, in diesem Gedankenkonstrukt, in diesem Zeit-Raum-Konstrukt, in diesem Hirngespinst, in diesem Nichts ………
Komisch, diese beiden Leuchten Vergangenheit‘ und Zukunft‘ sowie die Warnleuchte ‚Gegenwart‘ alle leuchten ständig! Wie kann das sein? Was soll das?
Obwohl ich in der Gegenwart lebe, beschäftige ich mich ununterbrochen mit der Vergangenheit und der Zukunft. Alle Lampen leuchten, ständig, logisch. Die Gewalt und Macht meiner Erinnerungen(Vergangenheit) und die Unsicherheit meiner Erwartungen (Zukunft) ist so prä-sent, so beherrschend, dass beide (fast) noch wirklicher sind, als die Gegenwart selber. Ich ha-be Mühe die Gegenwart zu leben, glücklich zu leben, wenn ich die Vergangenheit nicht bereinigt habe und auch die Zukunft nicht wunderschön mit Erwartungen und Versprechen präsentiert wird. Ich lebe, oder torkle, schwankend wie ein Besoffener, zwischen Vergangenheit und Zukunft durch die Gegenwart. Meine Gedanken halten sich an den glücklichen Erinnerungen und an den hoffentlich positiven Erwartungen, aber da bleibt wenig Platz, Zeit und Raum für die Gegenwart. Ich glaube, ich lebe gar nicht in der Gegenwart, in der Welt, in der Realität, sondern in von meinem Verstand aufgebauten Zeit-Raum-Konstrukten. Kann das sein? Darf das sein? MUSS DAS SEIN? Ich lebe nicht in dieser Welt, ich lebe in einem Science-Fiction-Welt-Gemisch aus Vergangenheit und Zukunft. Oh Schreck ich verpasse die Gegenwart. Ich verpasse die Gegenwart! Weil ich träume, nein, weil ich wach bin, aber falsch denke. Ja, weil ich denke! Ich will aber leben, jetzt leben, jetzt wahrnehmen, jetzt achtsam sein, wahrscheinlich ohne denken. Ja ich glaube ohne denken, es geht nur ohne denken. Kaum zu glauben, schon gar nicht zu denken !
Mein Bewusstsein der Zeit und zur Zeit muss geändert werden, damit der Umgang mit der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft sinnvoll wird. Die Meditation hat mein Bewusstsein der Zeit und zur Zeit stark verändert.
Helptaste: Meditation
Nicht nur im Notfall zu gebrauchen, steht in der Bedienungsanleitung. Meditation, es gibt viele Definitionen, im Wesentlichen soll man seine Gedanken zur Ruhe bringen, oder noch besser Nicht-mehr-denken. Kein Denken, keine Zeit, keine Vergangenheit, keine Zukunft, was bleibt: die Gegenwart, Quelle der Zeit. Ja gut, die Helptaste führt zur Gegenwart, das suche ich ja. Ich sitze mit gekreuzten Beinen auf dem Boden, konzentriere mich auf meine Gedanken oder ein anderes Objekt der Meditation und meditiere, ohne Erwartung und Hoffnung auf eine grosse Erfahrung oder Antwort. Auch ohne Erwartungshaltung habe ich in den vergangenen Jahren meine Meditationen oft mit einer in den Raum gestellten Frage (nur eine Frage je Meditation) begonnen, z.B.: Wann beginnt die Zukunft? Was ist Vergänglichkeit? Was lehrt uns der Tod? etc. Auf diese Frage konzentriere ich mich während meiner Meditation, ohne dass ich willentlich exakte Antworten gebe. In der Meditation laufen jedoch mir nicht bekannte Prozesse ab, die den Denkprozess beruhigen, die auf die aufgeworfenen Fragen Antworten bereitstellen und aber gleichzeitig auch die Gedanken, Gefühle und Emotionen ins „richtige“ Verhältnis stellen (selbstregulierender Prozesse in einer anderen Dimension). So besitze ich oft nach der Meditation einen ruhigen Kopf, habe die notwendige Distanz zum Leben und die zentralen und wesentlichen Antworten auf die zu Beginn der Meditation gestellte Frage. Diese Erfahrung und Erkenntnis kann ich heute nutzen, allerdings ohne Erwartung auf regelmässige Erfolge, und ist in meinem Leben sehr erfolgreich. Die Meditation hilft mir so, das tägliche Leben zu verstehen.
Die Helptaste Meditation erweist mir während meiner Fahrt in der Achterbahn gewaltige Dienste, in dem sie mich die richtige Bedeutung der Anzeigen aber auch deren richtigen Umgang lehrt. Mein Bewusstsein der Zeit und für die Zeit wird in der Meditation laufend berührt, verändert, verfeinert und verbessert. Die Auseinandersetzung mit der Zeit (Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft) ist ein laufender Prozess, welcher für das Leben von zentraler Bedeutung ist. Während den Meditationssitzungen finde ich jenen Raum (nicht den Raum meiner Gedankenkonstrukte), jene Schwingung (nicht die Schwingungen meiner Denksubstanz), der/die mir Antworten aus einer anderen (vielleicht göttlichen) Dimension, aber in einer für mich verständlichen und einfachen Form gibt. Während der Meditation bin ich mir selbst gewahr, ich nehme mich mit meinen Problemen, Wünschen, Spannungen, Sorgen, etc. bewusst wahr. Die Meditation hilft mir, mich völlig aufmerksam einem Sachverhalt, einer Frage zu widmen und aus der Stille und Achtsamkeit werden mir Antworten, Ordnung und Energie geschenkt.
Ich möchte nicht nur in der Meditation sitzend der Gegenwart gewahr sein. Also möchte ich ständig meditieren. Mein Leben eine Meditation. Mein Leben ein achtsames Wahrnehmen, wie in der sitzenden Meditation. Mit Meditation werde ich der Gegenwart bewusst. Ich muss also in meinem Leben in der Gegenwart laufend ununterbrochen meditieren und gewahr sein. Lebe achtsam, meditiere ständig und du bist der Gegenwart bewusst. Ist das machbar? Wie wäre das machbar? Zerstöre die künstlichen Räume der Vergangenheit und der Zukunft, diese Gedankenkonstrukte, diese Zeit-Raum-Konstrukte, diese Hirnprojektionen, diese Scheinwelten. Sofort. Hier und Jetzt. Arbeite an deinem Bewusstsein der Zeit und zur Zeit.
Servicelampe: Sinn des Lebens erkannt!
Die Lampe lässt mich absolut in Ruhe. Sie hat noch nie geleuchtet. Ob sie defekt ist oder ob eine Anzeige keinen S inn macht. Die Servicelampe jedenfalls leuchtet nicht, hat noch nie geleuchtet. Kein Wunder, wenn das Leben sinnlos ist?! Ich fahre auf einer (von vielleicht vielen) Achterbahnen, kenne die Geleiseführung und die Topographie nicht, sitze in einem Achterbahnwagen (alleine), bei dem die Steuerungselemente nur teilweise und scheinbar funktionieren, mit einem Armaturenbrett, dessen Beherrschung oder Lesbarkeit und Verständnis eine Lebensaufgabe (oder vielleicht mehrere) ist. Diese Achterbahn existiert seit 15 Milliarden Jahren (Urknall) und wird weitere Millionen Jahre bestehen und wir wissen über diese Welt vieles und doch Nichts, absolut Nichts. Auf und in dieser Achterbahn, die durch Ungewissheit, Unsicherheit, Nichtvorherbestimmbarkeit, Unwissen, Gedankenkonstrukte Vergangenheit‘ und Zukunft‘, einen nicht greifbaren Zeitbegriff etc. gekennzeichnet ist, suche ich einen Lebenssinn. Dabei muss nüchtern und ehrlich festgestellt werden, dass diese Achterbahn und auf dieser Achterbahn die absolute reine Zwecklosigkeit herrscht. Die Achterbahn und das Leben sind absolut zwecklos!
Wenn das Leben schon zwecklos ist, wovon ich überzeugt bin, hat es dann wenigstens einen Sinn? Kann die Servicelampe vielleicht doch irgendwann leuchten oder wenigstens ab und zu kurz blinken? Wenn das Leben zwecklos ist, kann ich auch alles loslassen, alle Ziele, alles Werden, alles vom Ist getrennten, einfach alles. Damit gebe ich aber auch die elenden Gedankenkonstrukte Vergangenheit‘ und Zukunft‘, alle meine Inhalte, alle meine Erfahrungen und damit mein Bewusstsein, damit mein Ich‘, einfach alles auf. Was bleibt dann? Nichts? Nichts? Ja, nichts ………. oder die absolute, sprudelnde Gegenwart? Die Gegenwart?
Ja, vielleicht die Gegenwart! Die Gegenwart, die dem zwecklosen Leben Sinn gibt? Kann es so einfach sein? Ja, ich glaube (theoretisch) ist es so einfach: Der Sinn des Lebens ist das absolute und unteilbare, empfindsame, achtsame Gewahrsein der Gegenwart! Ich muss es jetzt nur noch praktisch umsetzten. Fliesse im Leben von Gegenwart zu Gegenwart, wie das Wasser fliesst oder die Musik klingt! Ich fahre auf der Achterbahn und werde mir jeder Fahrsekunde gewahr, bergab, in den Tunnels (so wie heute und trotzdem geht es mir gut, 26. Mai 2001, Kinder wollen nicht mehr zu mir), im Regen, mit dem Achterbahnwagen nebenan, etc. Hei, die Servicelampe blinzelt, ganz kurz, ganz kurz, aber sie blinzelte!!
Tasten: Ctrl-Alt-Del / Achterbahnwagen im Depot parkieren!
Ctrl-Alt-Del: Stopp, herunterfahren, abstellen, Achterbahnwagen im Depot parkieren! Wer bedient eigentlich diese Tasten, auf jeden Fall jemand, der gleichzeitig 3 Tasten bedienen kann. 3 Tasten für den Tod: Ctrl-Alt-Delete. Kontrolle war nie vorhanden (Ctrl), das ‚Ich‘ bestand nur aus alten Erinnerungen (Alt), alles löschen (Delete). Was bleibt? Nichts!
Ja, wieder Nichts, das hatten wir doch schon einmal. Ist der Tod auch nur absolute Gegenwart? Absolut und definitiv im Augenblick. Der Tod zeigt uns, dass die Sicherheit und das Klammern an das Leben mit seinen Personen und Objekten endgültig aufgegeben werden muss. Dies gilt aber für jeden Augenblick im Leben. Ich muss in jedem Augenblick das Vergangene abstreifen und dem Unbekannten entgegengehen, alles ist unbestimmt. Der Tod lernt mich, dass jeder Augenblick (ob Leben oder Tod) voll gelebt werden muss. Ich habe also in jedem und nach jedem Augenblick die Möglichkeit des Neustarts (Ctrl-Alt-Del)? Gibt es auch ein Neustart nach dem Tod?
LEBENSSINN / LEBENSPHILOSOPHIE
Das Bild der Achterbahn, die Auseinandersetzung mit dem Achterbahnwagen und dem Armaturenbrett hat mich sehr viel gelernt. Mir ist bewusst, dass ich im Achterbahnwagen keine Sicherheit habe und obwohl ich die Fahrt realisiere die wichtigen Lebensschienen doch nicht von mir verlegt werden. Wahrscheinlich kann ich nicht einmal die wesentlichen und wichtigen Weichen auf meiner Achterbahnfahrt selber stellen. Mein Versuch die Lenkung und die Steuerung des Achterbahnwagens zu übernehmen, ist sehr beschränkt und nur in bescheidenen Räumen möglich. Ich weiss aber, dass der Wagen mit dem Armaturenbrett gleichzeitig die Möglichkeit bietet, sich mit der Unsicherheit des Lebens auseinanderzusetzen. Das Armaturenbrett mit seinen Anzeigen, insbesondere der Helptaste Meditation, lernt mich den richtigen Umgang mit dem Leben, der Zeit und vor allem der Gegenwart. Die Erkenntnis, dass die Gegenwart nicht wie immer gesagt ein „Augenblick“ ist, sondern laufend weiter fliesst und damit in Ewigkeit übergeht, hat mich tief berührt. Meine Einstellung zum und im Leben ist seit dieser Erkenntnis ganz anders. Ich geniesse das Leben direkter, bin achtsamer, kann gleichzeitig aber den Moment auch wesentlichbesser „Loslassen“, weil mir bewusst ist, dass „eine neue Gegenwart“ direkt folgt. Auf jede Gegenwart folgt eine neue Gegenwart. Mein Wagen fährt immer weiter und ich kann das Leben achtsam wahrnehmen. Meine Lebensphilosophie konzentriert sich dabei auf das „Gegenwärtig sein“ und das „Loslassen“ im Sinne „DEN MOMENT ACHTSAM WAHRNEHMEN“ und „LASS DAS LEBEN GESCHEHEN“. Jeder Augenblick in der Gegenwart ist genau für mich gemacht.
Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart
(Gelassenheit im Leben; Bewusstsein zur Zeit und für Zeit als grosse Lebensaufgabe)
der wichtigste Mensch der, der Dir gerade gegenüber ist
(innere Haltung mit Herz, Hand und Hirn; Kommunikation)
und das notwendigste Werk ist immer die Liebe
(Verstandenfühlen; keine negative Konsequenzen; Zärtlichkeit, bedingungslose Liebe, Achtsamkeit).
[nach Meister Eckhart]